
FAQ Streik
Hier haben wir die wichtigsten Fragen für Sie sorgfältig in einer FAQ-Sammlung zusammengefasst. Für weiterführende Anliegen stehen Ihnen die Mitarbeiter*innen der Kurie angestellte Ärzte gerne unter streik@aekwien.at zur Verfügung. Diese FAQ-Sammlung wurden gemeinsam mit dem Anwaltsteam der Ärztekammer für Wien erstellt.
Was ist ein Streik?
Ein Streik ist ein organisierter und planmäßiger Entzug der Arbeitskraft durch mehrere Arbeitnehmer*innen, um dadurch bestimmte Ziele zu erreichen. Es kommt zur Niederlegung der Arbeit. Der Streik ist eine Form des Arbeitskampfes und gilt als das letzte Mittel, also Ultima Ratio.
Ist streiken erlaubt?
Die Streikfreiheit ist durch die österreichische Verfassung, durch die Europäische Menschenrechtskonvention und den EU-Vertrag abgesichert. Somit ist die Teilnahme an einem Streik die Ausübung eines verfassungsmäßigen Rechts. Eine Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik stellt daher keinen Kündigungs- oder Entlassungsgrund nach VBO 1995 dar.
Braucht es für einen Streik nicht eine Gewerkschaft?
Nein. Neben Gewerkschaften können auch so genannte Ad-hoc-Koalitionen, die sich für das Erreichen eines Streikziels bilden, einen Streik durchführen. Die Zustimmung der Gewerkschaft zum Streik entscheidet nicht über die Rechtmäßigkeit eines Arbeitskampfes.
Heißt das also, dass Beschäftigte auch ohne Zustimmung der zuständigen Gewerkschaft streiken dürfen?
Ja. Eine Zustimmung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) oder der jeweiligen Fachgewerkschaft/Personalvertretung ist nicht notwendig. Allerdings haben z.B. die Streiks seit Herbst 2022 in den Wiener Ordensspitälern und Privatkrankenanstalten in enger und guter Kooperation mit der Gewerkschaft vida stattgefunden. Dabei haben auch alle Beschäftigten der jeweiligen Spitäler, quer über alle Berufsgruppen hinweg, gemeinsam gestreikt.
Was sind legitime und zulässige Streikziele?
Grundsätzlich gilt, dass Streikziele, die die Verbesserung der Arbeitsbedingungen als Ziel haben, legitime und zulässige Streikziele sind. Der*die bestreikte Arbeitgeber*in muss Einfluss auf diese Ziele haben, was bei Entlohnung, Urlaub, Arbeitszeit, etc. der Fall ist. Dazu gehören auch Arbeitsbedingungen, die durch Personalengpässe entstehen und zu Verhältnissen führen, die selbst- und fremdgefährdend wirken können.
Welche Rechtsfolgen hat ein Streik?
Bei rechtmäßiger Streikteilnahme üben die Streikenden ein verfassungsmäßig gewährleistetes Recht aus und setzen deshalb keinen Entlassungsgrund. Ein rechtmäßiger Streik macht auch nicht schadenersatzpflichtig. Für die Zeit des Streiks besteht allerdings kein Entgeltanspruch. Deshalb ist ein häufiges Streikziel auch die Weiterbezahlung des Gehalts während des Streiks. Für den Streik der Wiener Ordensspitäler ist das zum Beispiel auch gelungen.
Können Mitarbeiter*innen aufgrund des Streiks entlassen oder gekündigt werden?
Nein. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte stellt die Teilnahme an gerechtfertigten Kampfmaßnahmen KEINEN Entlassungsgrund dar. Sollte der*die Arbeitgeber*in trotzdem eine Kündigung oder Entlassung aussprechen, ist ab sofort das erste Ziel der weiteren Kampfmaßnahmen die Rücknahme der Kündigungen oder Entlassungen. Aus rechtlicher Sicht gilt es bei Ausspruch einer Kündigung oder Entlassung trotzdem Folgendes zu beachten:
Auf jeden Fall muss eine Klage auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses beim ASG Wien eingebracht werde.
Die Klagsfrist bei Entlassungen beläuft sich auf vier Wochen nach dem Entlassungstag
(§ 45 Abs 6 VBO 1995).
Die Klagsfrist bei Kündigungen beläuft sich auf vier Wochen nach dem Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses (§ 42 Abs 10 VBO 1995).
Was kann mir passieren, wenn ich an einem Streik teilnehme?
Das Schlimmste, das für die Teilnahme an einem Streik passieren kann, ist, dass Sie für die Zeit des Streiks kein Entgelt bekommen, da Sie keinen Entgeltanspruch für diese Zeit haben. Aus unserer Sicht, ist dies die einzige Konsequenz, die aus einer Teilnahme resultieren kann. Das Grundrecht auf Streik ist verfassungsrechtlich gewährleistet. Sollten Ihnen weitere Konsequenzen angedroht werden, so treten Sie bitte unverzüglich mit uns unter streik@aekwien.at in Kontakt. Wir werden Sie mit allen zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln unterstützen.
Beendet ein Streik das Arbeitsverhältnis?
Die Teilnahme an einem Streik führt zu keiner Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Während eines Streikes ruhen die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag, es besteht keine Pflicht zur Arbeitsleistung, aber auch der Arbeitgeber muss kein Entgelt zahlen. Es besteht aber Anwesenheitspflicht.
Bekomme ich während des Streiks weiterhin mein Gehalt bezahlt?
Streikende können sich grundsätzlich auf keinen Entgelttatbestand berufen und verlieren für die Dauer der Arbeitsverweigerung jedenfalls den Anspruch auf Entgelt. Deshalb ist ein häufiges Streikziel auch die Weiterbezahlung des Gehalts während des Streiks.
Wie sieht es mit Arbeitnehmer*innen aus, die aufgrund von Dienstverhinderungen (Urlaub, Krankheit etc.) nicht an den Aktionen teilnehmen konnten?
Diese haben weiterhin vollen Anspruch auf Entgelt. Es steht ja nicht fest, ob sie am Streik teilgenommen hätten.
Darf auch die Gemeinde Wien als Arbeitgeber bestreikt werden?
Auch öffentliche Arbeitgeber*innen, wie beispielsweise die Gemeinde Wien, dürfen bestreikt werden. Streiks sind nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und nach der herrschenden Lehrmeinung in jedem Fall zulässig, wenn das Streikziel legitim ist.
Wie ist mit Streikbrecher*innen umzugehen?
Bleiben Sie bitte ruhig und sachlich. Auf jeden Fall sind Drohungen, Beleidigungen und Tätlichkeiten zu vermeiden. Es sollte versucht werden, die Streikbrecher*innen durch sachliche Diskussionen von der Arbeit abzuhalten, Solidarität einzufordern und darauf hinzuweisen, dass auch sie*er betroffen ist.
Was ist, wenn ich für die Zeit eines Streiks eine Dienstanweisung, erhalte?
Das Wesen des Streiks ist es, sich Dienstanweisungen von Vorgesetzten zu widersetzen. Hierbei kann es zu keinen dienstrechtlichen Konsequenzen, wie beispielsweise der Auflösung des Dienstverhältnisses, kommen.
Muss ein Notbetrieb während eines Streiks aufrechterhalten werden?
Im Bereich der so genannten Daseinsvorsorge sind rechtlich auch die Interessen der Allgemeinheit zu berücksichtigen. Aus diesem Grund ist in einem Spital in der Regel ein Notbetrieb auch während eines Streiks einzurichten.
Was soll man machen, wenn der*die Arbeitgeber*in die Sicherheitsbehörden zu Hilfe ruft?
Die Streikleitung informiert die Sicherheitswachebehörden darüber, dass es sich bei dieser Versammlung um die Ausübung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes handelt. Auf alle Fälle ist darauf zu achten, dass jegliche Art von Beleidigungen, Tätlichkeiten, Drohungen und Eskalationen zu vermeiden sind. Für den Fall, dass die Räumung angeordnet wird, leisten Sie auf keinen Fall aktiven Widerstand.
Dürfen Ärzt*innen außerhalb des Betriebsgeländes auf öffentlichem Grund streiken?
Versammlungen unter Benützung von Verkehrsflächen (Fahrbahn, Gehsteig, …) müssen gemäß § 86 StVO an sich 72 Stunden vorher angemeldet werden. Grundsätzlich sollte das Betriebsgelände nicht verlassen werden, außer dies wurde von Anfang an geplant und angemeldet.
Sollen sich Pflege, MTD und andere Kolleg*innen am Streik beteiligen?
Rechtlich ist die Situation klar: Der Ärztekammer ist es von Gesetzes wegen nicht möglich, die Interessen der nichtärztlichen Kolleg*innen in deren Namen zu vertreten und für sie Rechtsschutz bei einem allfälligen Streik zu übernehmen. Aus Gründen der Rechtssicherheit empfehlen wir daher nach Diskussion mit unserem Anwaltsteam, dass sich die nicht-ärztlichen Kolleg*innen bei einem ersten Warnstreik nicht aktiv beteiligen.
Allerdings können sie:
– sich mit dem Streik der Ärzt*innen solidarisch erklären;
– die zuständige Gewerkschaft mit der Problematik befassen, und diese auffordern, geeignete Maßnahmen zu setzen, bis dahin, dass seitens der zuständigen Gewerkschaft ein Streikbeschluss gefasst wird;
– eigene Forderungen entwickeln und diese an Pflegedirektion, Generaldirektion und Stadtpolitik schicken;
– für den Fall der Nichterfüllung ankündigen, sich in der Folge allenfalls auch an einem weiteren Streik der Ärzt*innen zu beteiligen.